TRANS* - JA UND?!

Projekt für Empowerment und gegen Diskriminierung von jungen trans* Menschen

Kategorie: Texte

Meine Rennstrecke

Geradeaus und in die Kurven; eine lange Strecke.
Viel Gas, was dabei draufgegangen ist. Viel Energie. Viel Zeit.
Aber niemals Stillstand.

Es war meine Strecke, mein Leben, meine geraden Abschnitte und meine scharfen Kurven. Und es war mein Tempo. Mal langsamer, mal schneller.
Aber niemals Stillstand.

Meine Gedanken saßen nicht immer mit mir in meinem Wagen; manchmal waren sie schneller. Manchmal auch weit hinterher. Sehr weit.
Mein Wagen hatte dennoch niemals Stillstand. Es musste weitergehen.

Ich wusste: irgendwo am Ende der Strecke gibt es ein Ziel. Ich konnte es lange Zeit nicht sehen, aber ich hatte immer das Gefühl, dass es sich lohnt dort hinzukommen.
Irgendeinen Grund hatte das Weiterfahren immer.

Ich wollte glücklich werden. Glücklicher als vorher. Mit einem Lachen auf den Lippen, das tief aus meinem Herzen kommt. Mir bedingungslose Freude bereitet.
Ein Lachen, bei dem ich ICH sein kann.
Ein Lachen, das ansteckt, weil es so unfassbar authentisch ist.
In meinem Wagen, meinem Leben, meinem Tempo, zu meinem Glück.

Die Tage, Wochen, Monate und Jahre zogen dahin und mein Wagen schoss weiter über die Rennstrecke. Am Rande immer wieder verschiedene Menschen und gedankliche Themen. Und der ganz normale Alltag.
Fragen nach meiner sexuellen Orientierung und immer wieder die Antwort, dass diese wohl mehr ein See aus Hilflosigkeit und Ungewissheit, als eine konkrete Beschreibung ist.

Manchmal fuhr ich langsamer und manchmal schneller.
Meine Rennstrecke, mein Wagen, mein Tempo, meine Entscheidungen.
Und trotzdem lange Zeit kein sichtbares Ziel.

Wenn nach so einer Zeit die Zielgerade dann sichtbar ist, dann ist das manchmal ganz schön überfordernd. Immerhin habe ich jahrelang nur meine Rennstrecke gesehen. Da kam etwas Neues auf mich zu. Mein Ziel wurde konkreter.
Mein Gewinn kam so viel näher.
So lang wie die Strecke war, so lang ist die Zielgerade zum Glück nun nicht mehr.

Es schließ sich einfach nicht gegenseitig aus, dass man Trans* und glücklich ist.
Ich komme an.
Ich werde langsamer. Mein Kopf wird freier.
Mein Ziel ist zum greifen nah. Das erste Mal seit Jahren.

Ich habe es geschafft.

Trans und Happy

Trans und Happy ist eine wundervolle Kombination, da sie sinnvoll und logisch ist. Ein Mensch wird normalerweise durch die Transition glücklicher und akzeptiert den eigenen Körper mehr und die Dysphorie geht zurück. Er wird freier, glücklicher, und der Psychische Zustand verbessert sich. Natürlich ist diese Kombination für viele cis-Menschen unvorstellbar, und gerade in der Selbstfindungsphase selten, aber im Späteren Leben einer Trans-Person möglich und wünschenswert. Außerdem gibt es eine Art Stolz nach der Transition, wieweit man es geschafft hat, und wie viele Mauern und Hindernisse man geschafft hat zu überwinden, um heute da zu stehen wo man steht.

Von Ben K.

Mein Regenbogen und ich

Mein Regenbogen kann sich zeigen muss es aber nicht. Er und ich sind eins uns kann man nicht trennen und wir gehören zusammen. In mir drin strahlt er immer mit stolz. Nur zur Aussenwelt hin muss ich ihn beschützen, da viele ihn vielleicht nicht mögen oder ihn nicht akzeptieren können. Nur in sicheren Orten wie zum Beispiel hier im Camp zeige ich ihn und damit meine Queerness gerne und mit stolz. Wo hingegen in der Schule ein großer teil von ihm verborgen gehalten wird,wie auch der echte Regenbogen vollständig sichtbar erstrahlt aber überall auftauchen könnte.

Von Ben K.

Ich bin ein Alien

Ich bin ein Alien.
Ich verstecke mich,
tarne mich als Mensch,
um in der Welt da draußen zu überleben.

Jeden Tag ziehe ich mir diese Hülle an.
Sie engt mich ein,
nimmt mir die Atemluft,
lässt mich nur verschwommen durch ein paar Schlitze gucken.

Es ist so schwer sich draußen zurechtzufinden ohne ihre Sprache zu sprechen,
ihre Bräuche zu kennen
und ihre Systeme zu verstehen.

Ich darf nicht auffallen.
Sie würden mich verachten,
angeekelt sein,
mich jagen,
und zur Kuriosität erklären.

Als ekelhaft,
abartig,
gestört,
minderwertig.

Sie stecken mich in ein Glas,
beobachten mich,
lachen mich aus,
machen Tests mit mir,
lassen mir nichts, außer meiner natürlichen Hülle.
Entblößen mich,
gucken in jede Öffnung,
öffnen mich,
konservieren mich,
stellen mich aus.

Deshalb muss ich angepasster sein als alle anderen!
Ihre Sprache sprechen,
ihren Regelkatalog auswendig lernen,
wie sie laufen lernen,
und die enge Hülle tragen.
Jeden Tag.

Doch wenn ich zu Hause bin,
die Tür abschließe,
die Vorhänge zuziehe,
reiße ich mir die Maske runter,
schäle ich mich aus dem engen schwitzigen Kostüm
und all meine natürliche Schönheit wühlt sich langsam den Weg zurück.
Ich breite mich wieder aus,
ich atme,
sehe,
fühle wieder.

Ich bin frei.
Wenn auch nur eingesperrt in meiner eigenen Wohnung.

TB

„Aus Boxen springen“

Ich will aus Boxen springen.
Ich will auf Boxspringbetten springen.
Ich will Kissenschlachten machen.
Ich will meinen Leichtsinn zurück.

Irgendwo auf dem Weg in Richtung Erwachsensein ist er verloren gegangen.
Was macht ein Mensch ohne Leichtsinn?
Er funktioniert.
Aber ist es nicht gerade das, was ich hasse?
Ist es nicht gerade das, wogegen ich mich politisch einsetze?
Bin ich es nicht, der sagt: „Hört auf zu funktionieren! Das macht euch kaputt!“
Man könnte jetzt sagen, ich widerspreche mir selbst.
Ich würde sagen, dass ich meine zukünftigen Probleme ignoriere.
Vielleicht bin ich damit im Erwachsenenleben angekommen.

„Es gibt Sätze, die Welten zerstören“

Worte sind zerstörerisch.
Worte tun weh.
Worte sind Rudeltiere, nicht wie Satzzeichen oder Emojis.
Und manchmal fühlt sich ein Rudel Worte schlimmer an, als ein Rudel Wildschweine, das dir entgegengerannt kommt, um seinen Nachwuchs vor dir zu schützen.
Es folgen die aggressivsten Wortrudel.

1. Aber-Sätze, wie:
– „Ich hab ja nichts gegen die, aber…“
– „…Aber findest du es nicht besser, wenn…?“
– „Eigentlich ist das ja gut, aber…“
2. „Stell dich nicht so an.“
3. „Ihr könnt euch doch nur nicht entscheiden.“
4. „Lass uns doch einfach Freunde bleiben.“
5. „Ich hab keine Zeit.“
6. „Du machst dir doch nur was vor, sowas gibt es gar nicht.“
7. Witze über meine Größe.
Tipp: Sie werden nicht besser, wenn man sie öfter hört.
8. „Das verstehst du doch gar nicht.“
9. „Du bist zu jung dafür.“
10. „Du bist ein Mädchen und das weißt du auch.“

Und was am meisten wehtut, ist, wenn diese Worte von jemandem kommen, der dir wichtig st und du einfach nicht wütend sein kannst.
Oder, wenn sie von dir selbst kommen.

„Menschen“

Ich bin ein Mensch.
Du bist ein Mensch.
Irgendwie sind wir doch gleich, oder?
Ja, ich bin trans*.
Wir sind wohl doch nicht so gleich.
Und ja, ich habe Brüste, aber was hat es eine Gruppe von fundamentalistischen Christen zu interessieren, was ich damit machen will?

Und nein, daran, dass ich nicht weiblich bin, kann kein Kleid und kein auf dem Schulhof zugerufenes „Scheiß Transe!“ etwas ändern.

Und mal ganz im Ernst: Glaubst du das alles, was du da sagst, wirklich?
Glaubst du, dass die AfD dich und „dein Land“ retten wird?
Glaubst du, dass nur du relevant bist?
Du und deine kleinen Probleme, die natürlich ihre Existenzberechtigung haben, aber, das musst du zugeben, wohl eher nicht so mit den Problemen von Menschen vergleichbar sind, die ihr ganzes Leben aufgeben, bloß um zu überleben?

Und natürlich tut das alles weh.
Du glaubst doch nicht im Ernst, dass man einen Menschen jahrelang verbal mit Dreck bewerfen kann und das alles an ihm abprallt?
All eure Vorwürfe, all eure Beschimpfungen fliegen direkt in mein Herz und ballen sich dort zu einem großen Klumpen zusammen.

Mein Herz ist semipermeabel.
Dieser Klumpen wird keinen Weg mehr aus meinem Herzen heraus finden, dafür ist er zu groß.
Aber ich kann ihn langsam, nach und nach abbauen.
Und du kannst es bei anderen Menschen besser machen.
Versuche doch einfach, ein bisschen netter zu sein und ein bisschen Verständnis zu entwickeln.

„Suchmaschine“

Oft werde ich nach meinem Geschlecht gefragt,
was ich eigentlich sei oder bin.
Wenn ich dann erkläre, was mit mir los ist, kommen nur noch Fragen wie
“Wächst dir dann ein Penis?“
oder die Leute wollen mir alles ausreden.
Dumme Fragen könnt ihr euch sparen – ich bin keine Suchmaschine – und garantiert nicht der Mensch, der alles verrät.
Warum überlegt ihr nicht mal logisch, bevor ihr redet?
Es gibt aber noch die anderen Menschen, die sich entweder nicht darum kümmern, oder sich informieren, bevor sie reden.
Welche Sorte bist du?

© 2017 TRANS* - JA UND?!, Berlin.

Webdesign by error:undefined design.